Maulbeerbaum – Relikt der Seidenraupenzucht
Weiße Maulbeerbäume dienten der Seidenraupenzucht. Ihre Blätter wurden an Seidenraupen verfüttert, aus deren Kokons dann später die Seidenfäden gewonnen wurden.
Auch in unserer Region spielte dies eine Rolle:
Im 18. Jahrhundert wurde, besonders durch Kurfürst Carl Theodor, die Seidengewinnung in der Kurpfalz stark gefördert. Es war geplant, 200.000 Maulbeerbäume zu pflanzen, die Bauern bekamen die Aufgabe, die Raupen zu züchten, deren Seide dann vor allem zu Seidenstrümpfen verwoben wurde. So sind 1791 für Leutershausen 400 Maulbeerbäume verzeichnet.
Bei den Bauern jedoch war diese Initiative höchst unbeliebt, denn die Anlage und aufwendige Pflege der Kulturen fand im Frondienst statt. Weder Belohnungen noch Strafen konnten sie überzeugen, so verschwanden die Bäume seit 1793 wieder.
Im Dritten Reich wurde der Anbau von Maulbeersträuchern zur „nationalen Pflicht“ erklärt, weil man durch eine eigene Seidenproduktion für die kriegswichtigen Fallschirme vom Ausland unabhängig werden wollte. Etwa zu Beginn des Zweiten Weltkriegs führte man die Seidenraupenzucht in deutschen Schulen ein.
So standen auch in Leutershausen in den Klassenzimmern Gestelle mit Seidenraupen, die jeden Tag von den Schülern mit Maulbeerblättern gefüttert wurden. Die Bäume waren vor allem auf dem Gelände des früheren Sportplatzes (unterhalb der B3, nahe der heutigen Karlsruher Straße) angepflanzt worden.
Für Großsachsen existiert ein Dokument, dass die Gemeinde 1939 Mitglied in der „Reichsfachgruppe Seidenbauer e.V.“ wurde. Der vor Ihnen stehende Maulbeerbaum stammt vermutlich aus dieser Zeit.